„Theorien des kreativen Akts im Mittelalter“

Das mediävistische Institut der Universität Freiburg Schweiz
veranstaltet vom 7.-9.9. 2015 eine Tagung zum Thema „Theorien des
kreativen Akts im Mittelalter“.

Das Kolloquium möchte die mittelalterliche Wahrnehmung und Vorstellungen zur Rolle des Künstlers und Schriftstellers, so wie vom Wesen des kreativen Aktes untersuchen. Wenn Gott der ultimative Schöpfer ist, sollte die menschliche Kreativität als Teil des Gottesbildes und die menschlichen künstlerischen Leistungen als Teilhabe am Göttlichen verstanden werden?
Oder stellen jene, welche sich darum bemühen etwas zu kreieren, um sich das Göttliche anzueignen, eine gefährliche Anmassung zur Schau und formen Werke, die wie Idole, die Menschen von ihrer Verehrung Gottes abhalten?
Mittelalterliche Autoren und Künstler konnten ihre Aktivitäten durch den Appell an die Tradition verteidigen: ein kreatives Werk gewann an Glaubwürdigkeit, wenn es sich auf ein vorher geschaffenes Werk bezog, welches bereits Akzeptanz und Anerkennung erfahren hatte. So wiederholten Maler die Kompositionen, Themen und Farben von früheren Malern, Philosophen zitierten ausführlich aus den Werken klassischer Denker, Poeten übersetzten und stellten die Texte von Chronisten und Kommentatoren und anderer Poeten zusammen, ob in Latein verfasst oder in den Volkssprachen. Alternativ dazu, oder häufiger noch zusätzlich, reklamierten Künstler für ihre Werke eine direkte göttliche Absicherung: z. B. wenn gewisse Frauen im Mittelalter versuchten, Hindernisse, die sie aufgrund ihres Geschlechtes erfuhren, zu überwinden, indem sie ihre Texte als visionär rechtfertigten, die ihnen direkt von Gott eingegeben worden seien.
Es wird im Allgemeinen davon ausgegangen, dass es im Spätmittelalter eine Veränderung von Status und Funktion des Künstlers gibt. Während er zuvor mehrheitlich anonym blieb und seine Bedeutung heruntergespielt wurde, so wurden nun die individuellen Fähigkeiten und der Status als Künstler stärker gewichtet. Im Bereich der Malerei wird immer wieder Giotto als erstes Beispiel für einen Künstler angeführt, der für seinen eigenständigen kreativen Beitrag wertgeschätzt wurde und in der Literatur ist es die Selbstdarstellung von Chaucer als Übersetzer, Kompilator und Kommentator, welche die Einstellung parodiert, nach der der Poet den Status eines ,Urhebers‘ von sich weist, indem er sich an die Traditionen klammert.
Hat die Forschung übertrieben, in dem sie ein solches Bild vom Künstler im Spätmittelalter zeichnet? Handelt es sich um eine unzulässige Vereinfachung, einen spätmittelalterlichen Heldenkult des Künstlers und der individuellen künstlerischen Kreativität zu proklamieren, welche den Weg zur Renaissance oder zu neuzeitlichem Verhalten bereitet hätte? Auf diese Fragen soll das geplante Kolloquium Antworten suchen.

Den Link zur Veranstaltung finden Sie hier.